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Jürgen Trittin behauptet, die Steuerpläne der Grünen entlasten alle Einkommen unter 60.000 Euro. Stimmt das?


Jürgen Trittin hat im heute-Journal (29.4.2013) behauptet, dass die Steuerpläne der Grünen erst ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro zu einer höheren Steuerbelastung führen. 90 Prozent der Menschen würden hingegen entlastet. Stimmt das?

Quelle: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1891642/Trittin-Mehrbelastung-ab-60.000-Euro

Dieser Vorschlag hatte am 14.5. die größte Unterstützung und wurde mit den thematisch verwandten Vorschlägen "Entlastet das Steuerkonzept der Grünen 90 % der Bevölkerung", "Wer zählt zur Mittelschicht?" und "Topverdiener mit 60000 Euro pro Jahr?" geprüft.

Den Faktencheck der Redaktion vom 29.5. finden Sie hier: Faktencheck auf ZEIT ONLINE. Die Kollegen vom ZDFcheck kamen am 30.5. zu einem ähnlichen Ergebnis.

Dies ist eine Beispielfrage, die die ZEIT-Redaktion für den Start des "Faktomat" vorgeschlagen hat.


Diskussionen

  • WeirdWhalerider ist dafür
    +4

    Zwar greift ein höherer Steuersatz - lineare Progression vorausgesetzt - bereits bei Einkommen unterhalb von 60.000 € p. a., allerdings sieht das Steuerkonzept der Grünen auch eine Erhöhung des Steuerfreibetrages auf mindestens 8.700 € vor. Zitat: "Gleichzeitig wollen wir das steuerfreie Existenzminimum für alle auf mindestens 8.700 Euro anheben. [...] So zahlen alle mit einem Einkommen unter 60.000 Euro pro Jahr weniger, der Rest mehr." http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BDK_2013/Beschluesse/D_Besser_Haushalten.pdf Lt. Berechnungen des Steuerrechtsexperten Frank Hechtner liegt die Grenze, ab der mehr Steuern bezahlt werden müssten, für einen Single bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5872 € - http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1446204 -, was bedeutet, dass die Grenze höherer Besteuerung erst deutlich oberhalb der 60.000er-Marke anfangen würde. Allerdings sehen die Steuerpläne der Grünen auch ein Abschmelzen des Splittingvorteils vor. "Danach müssten in Westdeutschland lebende Ehepaare mit zwei Kindern schon ab einem monatlichen Bruttolohn von 5151 Euro mehr Steuern zahlen" (ebd.), als sie es bisher getan haben. Dieses Gesamteinkommen liegt jedoch ebenfalls aufs Jahr gerechnet oberhalb der 60.000er-Marke. Insofern hat Trittin mit seiner Behauptung recht.

  • MartinKotynek Redaktion
    +3

    Beachten Sie bei der Abstimmung bitte auch die thematisch ähnlichen Vorschläge https://adhocracy.de/d/9381 sowie https://adhocracy.de/d/9275 und https://adhocracy.de/d/9335.

    Die Redaktion.

  • Vorschlag zur Daten-Aufbereitung

    Man könnte doch die Verlaufskurve der effektiven Steuersätze in bester Wikipedianer-Tradition visualisieren. Hier ein Beispiel zu den effektiven Steuersätzen seit der Wiedervereinigung: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cf/ESt_D_Historie_Durchschnittsteuersatz_1990_2013_280kEuro.svg Kontrastierend könnte man auch die Verlaufskurve der derzeitigen effektiven Steuersätze einzeichnen, sodass jeder erkennen kann, ab dem Schnittpunkt zahlt man mehr. Zum Vergleich der Steuerkonzepte der verschiedenen Parteien gab's das m. W. auch schon einmal anlässlich einer Bundestagswahl in der Wikipedia.

  • Da die ZDF-Faktenchecker gerade auch an der Frage dran sind, habe ich mal reingeschaut, wie's läuft, und bin dabei über folgende Rechnung gestolpert, die die Behauptung Trittins/Göring-Eckardts etc. mithilfe einer statistischen Datenanalyse stützt: http://www.insm.de/insm/dms/insm/text/presse/pressemeldungen/2013/rwi-wahlanalyse-einkommensteuer/RWI-Projektbericht Einkommensteuer Wahlanalyse.pdf Da weder die in Auftrag gebende INSM noch das RWI im Verdacht steht grünennah zu sein, scheint mir dies ein gutes Indiz, wenn nicht mehr, dass die Aussage stimmt.

    P.S.: Danke an 'checker2013' für den Hinweis!

    P.P.S.: Da der Link nicht ordentlich umgewandelt wird, hier noch der Link zum ZDF-Faktencheck, wo die obige Quelle weiterverlinkt ist: http://zdfcheck.zdf.de/faktencheck/jurgen-trittin-steuerzahler-entlastet/

  • Rentner2012 ist dafür
    0

    Wenn man die Gehaltsstruktur von Entwicklungsingenieuren in Baden Württemberg zugrunde legt, gehört diese Berufgruppe bei 40 Wochenstunden mit 88.004€ tarifliches Jahresentgelt = inkl. Urlaubsgeld und Sonder-zahlung (Weihnachtsgeld) ohne die übliche Erfolgsprämie, laut den Grünen schon zu den "Reichen", die man zur Umverteilung abkassieren muß. Meiner Meinung nach schießen die Grünen mit ihrer Steuerpolitik weit übers Ziel hinaus. Ein Unternehmen das zuwenig Einnahmen hat, kann in seinem Wettbewerberumfeld doch auch nicht einfach die Preise erhöhen. Wenn das Unternehmen überleben will, muß es seine Kostenseite (Ausgaben) anpassen. Siehe hierzu IG-Metall Gehaltsspiegel. http://www.engineering-igmetall.de/sites/default/files/Baden-W%C3%BCrttemberg_2.pdf

    • Es geht nicht um Reiche! Allerdings gehören Einkommensbezieher mit Jahresentgelten oberhalb von 60.000 oder 80.000 € zweifelsohne zu den Besserverdienenden und im Hinblick auf das hiesige Einkommensgefüge auch nicht mehr zur Einkommensmittelschicht. Menschen deren Haushalts- oder Individualeinkommen aber oberhalb der Einkommensmittelschicht angesiedelt sind, können eher einen ja ohnehin nur recht maßvollen Zusatzbeitrag zur Gemeinwohlfinanzierung leisten als Menschen mit mittleren oder niedrigen Einkommen.

  • Man darf dieses Thema meiner Meinung nach nicht diskutieren, ohne auch die von den Grünen geplante Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der GKV miteinzubeziehen. Diese soll von 3750€ auf 5500€ erhöht werden, wodurch vor allem mittlere Einkommen stark belastet werden.

    Wirksam würde dieser Schritt somit bereits ab einem Einkommen von 47250€ jährlich.

    • Zunächst einmal ist die sog. Beitragsbemessungsgrenze der GKV dynamisiert, insofern sie jährlich an die Gehaltsentwicklung angepasst wird. Schreibt man den Durchschnitt der letzten beiden Jahre weiter fort, dann ergäbe sich für 2014, also dem ersten Jahr, in dem eine Gesetzesänderung greifen könnte, eine Grenze von 48.660 € oder - verteilt auf zwölf Monate - 4055 €. Des Weiteren kann man sich natürlich fragen, ob eine Bemessungsgrenze überhaupt sinnvoll ist. Denn schließlich begünstigt sie Bezieher hoher Gehälter. Aufgrund der Degression - http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7c/Beitragssatz_SV_D_2011.PNG - werden Bezieher höherer Erwerbseinkommen faktisch besser gestellt. Wenn aber durchschnittliche Lohnempfänger anteilig mehr berappen müssen, ist das System ungerecht. Bei der Erhöhung der GKV-Beitragsbemessungsgrenze handelt es sich ferner um eine Erweiterung der Pflichtversichertenzahl, denn diese Jahresarbeitsentgeltgrenze ist gleichzeitig auch Versicherungspflichtgrenze. Da ohnehin kaum jemand oberhalb der Grenze in der GKV ist, ist der Effekt der, dass sich zukünftig weniger Leute mit im statistischen Durchschnitt ohnehin besseren Risiken in die PKV davonstehlen können. Bei gleichem Beitragsvolumen pro Person würde somit die GKV faktisch entlastet werden. Deren Beitragssatz könnte also gesenkt werden. Faktisch bliebe also grosso modo nur die Differenz der PKV-Sätze derjenigen, die wechseln müssten, zu den aufgrund des genannten Effekts verringerten GKV-Beitragssätzen als Mehrbelastung der 'Zwangswechsler' übrig. Diese Größe prognostisch zu bestimmen dürfte aber äußerst schwierig werden. Es ist aufgrund dessen problematisch, einfach von einer starken Mehrbelastung zu schreiben, ohne eine verlässliche Datengrundlage zu haben. Überdies muss bedacht werden, dass die Grünen eine solidarische Bürgerversicherung anstreben: http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BDK_2013/Beschluesse/G_Teilhaben_an_sozialer_Sicherung.pdf Der bisherigen Privilegierung Privatversicherter soll ohnehin - aus Fairnessgründen berechtigterweise - ein Riegel vorgeschoben werden. "Das schafft mehr Gerechtigkeit im Gesundheitswesen in dem es Gutverdienende fairer beteiligt, macht die Finanzierung zukunftsfest und schafft Raum für Beitragssatzsenkungen." Erst in diesem Kontext lassen sich die Vorschläge der Grünen angemessen bewerten.

      P.S.: Interessant wäre eine Erörterung der Frage, wie groß der Anteil derer an der Gesamtbevölkerung wäre, der von den Veränderungen der Beitragsbemessungsgrenze betroffen wäre.

      P.P.S.: Ich bin übrigens parteilos.

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