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Ein Viertel aller Deutschen sind arm: Kann das stimmen?


Auszug aus einem Interview mit Katrin Göring-Eckardt:

Die Wissenschaft streitet, was Armut überhaupt ist. Wissen Sie es?

"Armut beginnt dort, wo Menschen nicht an der Gesellschaft teilhaben können, wo sie sich ausgegrenzt und oft auch chancenlos fühlen."

Wie viele Leute betrifft das?

"Die Regierung behauptet, es sind rund 15 Prozent der Bevölkerung. So steht es im Armuts- und Reichtumsbericht, den sie am Mittwoch beschließen will. Die Zahl ist aber geschönt. Wenn ich alles zusammenzähle, ist bis zu einem Viertel der Bevölkerung von Armut betroffen; Menschen, die geringe Chancen haben, von Armut bedroht sind oder tatsächlich in Armut leben. Die Regierung versucht, das tatsächliche Ausmaß der Armut in Deutschland zu verschleiern."

Das sagte Göring-Eckardt am 2. März in der FAZ: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/im-gespraech-katrin-goering-eckardt-es-lohnt-sich-den-kalten-kapitalismus-zu-bekaempfen-12100620.html

Kann es stimmen, was Göring-Eckardt behauptet?

Zum Abschluss unseres Faktomaten hat die Redaktion sich die Freiheit genommen, diese Frage auszuwählen. Der letzte Faktencheck erscheint am 19. September im ZEITmagazin

Das Ergebnis finden Sie hier: http://www.zeit.de/2013/39/faktomat-armut-statistik-katrin-goering-eckardt


Dies ist eine Beispielfrage, die die ZEIT-Redaktion für den Start des "Faktomat" vorgeschlagen hat. Sie können mit den Pfeilchen oben abstimmen - und natürlich selbst einen neuen Vorschlag machen.


Diskussionen

  • Fest steht jedenfalls, dass auf Grundlage von Einkommen vor Sozialleistungen 2011 25,1 % der Bevölkerung den Status armutsgefährdet hatten: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61785/armutsgefaehrdung Bei den 18- bis 64-Jährigen waren es sogar 26,1 % und unter den Menschen mit niedrigem Bildungsstand (entsprechend der International Standard Classification of Education) waren es auch nach Sozialleistungen 25,8 % (ebd.).

    Nimmt man den Niedriglohnschwellenwert, so hatten im Jahr 2010 lt. dem Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung (neuere Daten nicht enthalten) 23,1 % weniger als zwei Drittel des bundesweiten Medianlohns. Vgl. http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Einkommen-Armut/Dokumente/Entwurf%204.%20Armutsbericht%20der%20Bundesregierung%2017.9.2012.pdf Diejenigen Erwerbsfähigen, die gar keinen Lohn erhalten, kommen natürlich noch on top. Allerdings sind nicht alle Niedriglöhner automatisch armutsgefährdet, da die Niedriglohnjobs z. T. nicht die einzige Einkommensquelle darstellen. Gleichwohl zeigt der Anteil der Niedriglöhner, wie problematisch die längerfristige Lohnentwicklung im unteren Teil der Skala verlaufen ist. Der Niedriglöhneranteil lag 2011 bei 23,9 %. http://www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2013/report2013-01.pdf

    • Möglicherweise sind die Statistiken über Sozialleistungen die einzig gesicherte Quelle, die vollständige Armut kann sie jedoch nicht widergeben.

      Gründe, warum ein Mensch arm sein kann, ohne in der Statistik aufzutauchen:

      • Der Ablehnungsbescheid ist schlicht falsch. Es gibt hunderttausende Einsprüche gegen Bescheide und etwa die Hälfte davon ist erfolgreich. Siehe z.B. ein Artikel im Handelsblatt. Wie hoch muss dann erst die Dunkelziffer sein?

      • Der Gang zum Jobcenter überfordert den Menschen. Bekanntlich ist der Umgang in den Jobcentern recht fordernd, so wurden z.B. 2012 über eine Million Sanktionen ausgesprochen. Daher ist es nahe liegend, das so manche(r) erst gar keinen Antrag stellt.

    • [...]

  • Nicht sonderlich demokratisch!

  • Armut in Deutschland ist relativ. Im Verhältns zur Weltbevölkerung lebt wahrscheinlich kaum einer unterhalb der Armutsgrenze. Ist zur Teilhabe an der Gesellschaft ein Smartphone notwendig? Beuten wir nicht die wirklich Armen aus (Beisp.: Textilindustrie)? In der Bundesrepublik kann jeder Mensch an Bildung teilhaben, wird medizinisch (fast) optimal versorgt, die Grundversorgung mit Wasser, sauberer Luft, öffentlichem Verkehr und Informationsfreiheit ist gesichert. Armut weltweit gesehen sieht anders aus. Allerdings ist die Schere zwischem unbändigem Reichtum und relativer Armut in den letzten Jahren dramatisch aufgegangen. Hier sollte eine andere, neue Verteilungspolitik (Steuern, Abgaben, Beiträge) eingreifen.

    • In der Bundesrepublik kann jeder Mensch an Bildung teilhaben, wird medizinisch (fast) optimal versorgt, die Grundversorgung mit Wasser, sauberer Luft, öffentlichem Verkehr und Informationsfreiheit ist gesichert.

      Jein. Prinzipiell schon, doch gleichzeitig kann selbst das Existenzminimum mit sog. "Sanktionen" gestrichen werden. Und dann bleibt diesen Leuten eigentlich nur noch betteln zum überleben. Sanktionen sind gar nicht so selten, immerhin wurden davon in 2012 über eine Million ausgesprochen: (http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-04/hartz-iv-sanktionen-zunahme)

      Weiterhin gibt es bei den ALG-II-Empfängern ohne Zweifel eine Dunkelziffer, denn der Umgang der Ämter mit ihrer Klientel ist oft fordernd, so dass manche Leute eben lieber unter einer Brücke schlafen, als sich Woche für Woche mit der Arbeitslosenhilfe auseinander zu setzen.

      Drittens sind keineswegs alle ALG-II-Bescheide richtig, so dass oft auch Bedürftige von Zahlungen ausgeschlossen werden. Wie fehlerhaft Bescheide sind, erkennt man daran, dass rund 50% der Einsprüche vor einem Sozialgericht statt gegeben wird. Siehe z.B. ein Artikel im Handelsblatt.

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